Blog Fed‑Zyklus tritt in Phase der Datenabhängigkeit ein Wegen der Aussicht auf ein verhaltenes Wachstum und eine gemäßigtere Inflation stellt die US-Notenbank auf Datenabhängigkeit um.
Die Botschaft von US-Notenbankchef Jerome Powell nach der Juli-Sitzung lautete, dass die Zinshüter im Anschluss an einen der rasantesten Zinserhöhungszyklen aller Zeiten nun in eine Phase der Datenabhängigkeit eingetreten seien. Seiner Ansprache ging am 26. Juli eine weitere Zinserhöhung des Notenbankausschusses um 25 Basispunkte (Bp) auf eine Bandbreite von 5,25 bis 5,50 Prozent voraus, die im Einklang mit dem fortwährenden Kampf gegen eine nach wie vor zu hohe Inflation steht. Damit signalisierte Powell, dass die künftigen geldpolitischen Entscheidungen vollumfänglich davon abhängig seien, wie sich die Wirtschaft in den kommenden Monaten entwickle. Da der Wortlaut des Statements kaum verändert war, richteten die Marktteilnehmer ihren Fokus auf die Pressekonferenz des US-Notenbankvorsitzenden. Und während dieser klarstellte, dass die Inflation noch immer unannehmbar hoch sei, sah er von jeglichen Hinweisen auf einen weiteren Zinsschritt ab, der noch im Juni in der Medianprognose der US-Notenbanker angedeutet worden und für diesen Herbst vorhergesehen war. Aus Powells Mitteilung geht hervor, dass die Fed vorerst abwarten werde, sofern die Lohninflation außerhalb der Landwirtschaft sowie die Kerninflation (exklusive der Lebensmittel- und Energiepreise) den Sommer über gemäßigt blieben. Unser Basisszenario beschreibt unverändert, dass die US-Wirtschaft Ende diesen oder Anfang nächsten Jahres in eine leichte Rezession abgleiten wird – in ausreichendem Maß, um die Arbeitslosenquote anzuheben und die Inflation wieder vollständig zu ihrer Zielmarke zurückzuführen. Diese Erwartung, gepaart mit abflauenden Preissteigerungen in der zweiten Jahreshälfte, deutet darauf hin, dass die Zinserhöhung vom Juli durchaus die letzte in diesem Zyklus gewesen sein könnte. Sollten sich die Wirtschaft – und der Arbeitsmarkt – jedoch weiterhin als widerstandsfähig erweisen, dürfte sich die Teuerung auf einem Niveau einpendeln, das unangenehm weit über der Zielmarke liegt und weitere restriktivere Maßnahmen erforderlich macht. Kurzfristige Abkühlung der Inflation Die Inflationsaussichten für die USA hellen sich auf – zumindest fürs Erste. Nachdem die Inflation im ersten Halbjahr 2023 eine Seitwärtsbewegung vollzogen hat, könnte sie in der zweiten Jahreshälfte rasch nachlassen, wenn pandemiebedingte Preisverzerrungen abklingen, oder sich sogar in die Gegenrichtung umkehren. Zu den wichtigsten Treibern hierfür zählen: Ein ersichtliches Ende der durch fiskalpolitische Impulse herbeigeführten Preisanpassungen. Nachdem ein anfänglicher Schock die Geldmenge in der Realwirtschaft (M2) um 20 Prozent über ihren historischen Trend steigen ließ, ist der reale Wert des Geldes infolge der höheren Inflation und eines gewissen Bilanzabbaus der US-Notenbank nun wieder trendgemäß. (Mehr dazu, wie eine schuldenfinanzierte Fiskalpolitik zur Inflation beitragen kann, erfahren Sie in diesem aktuellen Blickpunkt.) Eine massive Entschärfung der Lieferengpässe, die die Nachfragesoginflation der Fiskalpolitik verstärkt hatten. Die durch die Faktorpreise hervorgerufene Kostendruckinflation ist wesentlich geringer. So sind etwa die Stahlpreise und die Großhandelspreise für Gebrauchtwagen rückläufig, während sich die Transportkosten, insbesondere auf den Schifffahrtsrouten zwischen China und der US-Westküste, normalisiert haben. Außerdem exportiert China abermals Deflation in die Welt. Eine nachlassende Mietinflation. Wie das Zahlenwerk nahelegt, schwächt sich die Teuerung sowohl bei der Neuvermietung als auch bei der Verlängerung bestehender Mietverträge ab. Dieser Trend wird in den letzten drei Inflationsberichten zum US-Verbraucherpreisindex (VPI) bestätigt. (Unsere Analyse der aktuellen VPI-Daten aus den USA können Sie in diesem Blog-Beitrag nachlesen.) In Anbetracht dieser jüngsten Trends erscheint die aktuelle Medianprognose der US-Notenbank (mit Stand vom Juni) von 3,9 Prozent für die PCE-Kernrate 2023 erhöht. Zu früh, um den Sieg zu verkünden Trotz allem ändern die sich aufhellenden Inflationsaussichten nichts an unserer Skepsis, dass sich eine „sanfte Landung“ der Wirtschaft herbeiführen lässt – bei der die Inflation nachhaltig auf das anvisierte Niveau zurückkehrt, ohne mit einem Anstieg der Arbeitslosenquote (und einer anschließenden Rezession) einherzugehen. Denn die nominale Lohninflation in den USA bleibt erhöht und dürfte, wenn eine Rezession ausbleibt, die Kerninflation im Jahr 2024 wieder in die Höhe treiben – ein Szenario, das die Notenbanker mit allen Mitteln zu verhindern suchen werden. Obgleich die Entwicklung der Reallöhne zuletzt ein positives Vorzeichen angenommen hat, folgt dies auf mindestens ein Jahr mit nur geringen Anpassungen der nominalen Löhne. Aus unserer Sicht müssen die Reallöhne noch weiter aufholen, wobei die angespannte Lage auf dem Arbeitsmarkt die Arbeitnehmer befähigen könnte, weitere Lohnerhöhungen auszuhandeln – was im Einklang mit der jüngsten Zunahme von Arbeiterstreiks steht. Bevor ein Sieg über die Inflation verkündet werden kann, muss sich also zunächst die Lage am US-Arbeitsmarkt entspannen, der im ersten Halbjahr 2023 eine starke Dynamik aufwies. Eine Rezession steht wahrscheinlich noch bevor Unser Basisszenario sieht unverändert voraus, dass die US-Wirtschaft Ende dieses oder Anfang nächsten Jahres in eine leichte Rezession abgleitet. Diese sollte ausreichen, um die Arbeitslosenquote anzuheben und die Inflation dauerhaft zu ihrem Zielwert zurückzuführen, was den Fed-Vertretern mehr Zuversicht in ihrem Kampf gegen die Teuerung verleihen würde. Dass wir in der zweiten Jahreshälfte mit einer Rezession und einem nachlassenden Preisauftrieb rechnen, legt nahe, dass die Zinserhöhung vom Juli durchaus die letzte in diesem Zyklus gewesen sein könnte. Sollten sich die Wirtschaft – und der Arbeitsmarkt – jedoch weiterhin als widerstandsfähig erweisen, dürften weitere restriktive Maßnahmen erforderlich sein, um der Inflation zu begegnen.
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